Im Juli 2019 konnte ich das Angebot wahrnehmen, ein besonderes Projekt in einer eindrücklichen Naturlandschaft kennenzulernen. Ich war bei Bea und Christian in Estland auf der Insel Hiiumaa auf dem Hof der Hügel, Mägede Talu, zu Besuch.
Die beiden sind Lehrerin und Lehrer der Walddorfpädagogik und bauen einen Gärtnerhof mit rund 11 ha Gesamtfläche auf. Der Hof der Hügel liegt etwas landeinwärts an der Nordseite Hiiumaas und gehört zur Gemeinde Isabella in der Nähe von Körgessaare. Dorthin zu kommen dauerte für mich etwa 1 Tag und funktionierte recht gut. Nach der Fähre bringen nämlich Busse die Bewohner und Gäste bis auf die Dörfer der Insel. Estland hat einen kostenlosen Nahverkehr für seine Bewohner und ist damit vorbildlich in Europa.
Schon der erste Eindruck der Insel verband mich mit einer Heilpflanze, dem Echten Mädesüß. Auf allen Busfahrten und auch späteren Autofahrten auf Hiiumaa konnte ich es sehen, z.T. in großen Beständen. Es bevorzugt nährstoffreiche Feucht- und Nasswiesen, Gräben und Bachufer sowie Erlen-Eschenwälder. An selten gemähten und nährstoffreichen Gewässerrändern ist es eine Leitpflanze. Noch nie begegnete mir so viel Mädesüß, diese schöne Pflanze der Rosengewächse mit seinem lieblich süßen Duft.
Angekommen bei Bea und Christian auf ihrem Projekthof wurde ich herzlich und erwartungsvoll empfangen. Es waren zur gleichen Zeit zukünftige Walddorfpädagog*innen zu einem Kurs bei Christian und weitere Gäste vor Ort. Ein bunter und lebhafter Haufen.
Die Vegetation auf und um den Hof ist geprägt durch kräuterreiche Wiesen, die extensiv von Kühen beweidet werden, Wacholderheiden und Wäldern. Es hat mich sehr berührt, allein und in Gemeinschaft in die Wiesen, Weiden und Wacholderheiden einzutauchen. Zum einen wegen der Artenvielfalt, der üppig blühenden Gewächse, der Stille und scheinbaren Unberührtheit. Zum anderen, weil mir schmerzlich bewusst wurde, dass ich genau das zu Haus inzwischen vermisse. Blühflächen werden immer seltener, überdüngte und übernutzte Landschaften, rasant abnehmende Artenvielfalt, selbst in Dörfern und Städten wird jedes wilde Blühen mit dem Rasenmäher beendet, Verantwortungslosigkeit und Desinteresse, all das sorgt mich und macht mich traurig. Immer schwerer wird es hierzulande, essbare Wild- und Heilpflanzen zu finden und tatsächlich nutzen zu können. Umso heilsamer die Stippvisite bei Menschen, die dazu beitragen, gesunde und reichhaltige Natur zu erhalten.
Bei den Ausflügen in die naheliegende Umgebung im Juli waren für mich die verschiedenen Glockenblumen auffällig, wie Knäuel-Glockenblume, die Pfirsichblättrige Glockenblume mit ihren besonders großen und zarten Glocken und die Rundblättrige Glockenblume. Die blauen, anmutigen Blüten sind essbar und eine hübsche Speisendekoration. Massenhaft wuchs das Echte Labkraut, ebenfalls essbar und sogar heilkräftig. Duftend und strahlend belebte es die Kräuterwiesen. Sumpf-Garbe oder Sumpf-Schafgarbe deutete wieder auf einen feuchteren Untergrund. Das seltene Kleine Mädesüß bzw. Knollige Mädesüß hatte seine duftig weiße Blüte schon beendet. Der mittlere Wegerich, Gewöhnliche Vogelwicke, Tauben-Skabiose, Berg-, Stein- und Mittlerer Klee, Acker-Kratzdistel, Heide-Nelke, Wiesen-Margerite, Weidenblättriges Ochsenauge, Kleiner Odermennig, Wiesen-Bocksbart und viele mehr zeigten sich in ihrer ganzen Pracht. Die Blätter der Wiesen-Schlüsselblume konnte ich in den Wiesen entdecken, ihre Blüte war bereits im Frühling. Eindrucksvoll gab der Wacholder der Landschaft seinen Charakter. Dieser Heilbaum und –strauch ist in der Kultur der Germanen, Kelten und Slawen tief verwurzelt, jedoch bei uns eine Seltenheit geworden. Noch heute ist er eine nützliche Heilpflanze, spielt in der Aromatherapie und in der Räucherheilkunde eine große Rolle, liefert ein segensreiches Gewürz und wird zu Bränden, wie Gin, verarbeitet.
Mägede Talu, der Hof der Hügel ist eine wunderbare Möglichkeit, der Natur und sich selbst zu begegnen, sich einzubringen und Teil einer Gemeinschaft zu sein. Ich freue mich auf die nächste Gelegenheit Bea und Christian zu besuchen. Herzlichen Dank Euch beiden und allen Beteiligten.
Exkursionen zu den Singschwänen, Vorträge, Kinderbastelaktionen, viel engagierte und kompetente ehren- und hauptamtliche Naturschützer, wunderschöne Natur an der Oder, ... Ein bereicherndes Erlebnis.
Jedes Jahr im April blühen Frühlings-Adonisröschen, Schlüsselblume, Fingerkraut und andere Pflanzen auf den Trockenhängen des Oderbruchs in Mallnow und Lebus. Das Frühlings-Adonisröschen ist eine typische Pflanze kontinentaler Steppen und hat sein Hauptverbreitungsgebiet in der westasiatisch-südsibirisch-pontisch-pannonischen Steppenregion. Die westliche Ausbreitung dieser goldgelb blühenden Heilpflanze ist deshalb von besonderer Bedeutung und unbedingt sehenswert. Diese einmaligen "Subpannonischen Steppen-Trockenrasen" auf den Mergelhängen des Oderbruchs sind von europaweitem Naturschutzwert.
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